Einsamkeit verstehen: die psychologischen Auswirkungen und Wege zur Heilung

Coaching, Einsamkeit, IGI®, Praxis, Psychotherapie

Die Einsamkeit ist ein geisterhafter Begleiter. Wie Spinnenfäden, die nach einem greifen. Einzelne, erste Abende und Sonntage allein geniesst man noch, streift die einzelnen Fäden mit einem überlegenen Lächeln ab. Aber die Zeit spinnt unerbittlich weiter am Netz Einsamkeit, man bleibt zurück, umarmt nur noch von der Stille. Fühlen Sie sich einsam? Reden wir darüber.

Ich möchte Ihnen Mut machen und Ihnen Möglichkeiten und Wege aufzeigen, wie Sie selbstbestimmt die Negativspirale verlassen können. Ich lege offen, was nach gut 25 Jahren Praxiserfahrung als Psychotherapeut und Coach aus meiner Sicht der Hauptgrund für das Erleben von Einsamkeit ist. Und ich gebe Ihnen eine erprobte Methodik in die Hand, um sich selbst aus dieser Situation zu befreien.

Die Erkenntnis

Wahnsinn, der Sommer 2025, oder? Ein Traumtag nach dem anderen. (Okay – Juli, das üben wir nochmal.) Was kann man nicht alles machen. Mit der Familie in die Badi, mit Freunden Apéro trinken, Wandern mit dem Göttikind, ein lauschiger Grill mit Nachbarn – vielleicht haben Sie sogar eine Sommerliebe gefunden. Nein? Nichts von alledem? Sie haben sich einsam gefühlt? Sie sind an Gelato schleckenden Pärlis auf Parkbänken vorbeigeschlendert? Die vibrierenden Stimmen lachender Freundesgruppen in den Gassen liessen Sie das Buch in den Schoss senken und zum Handy greifen, das, weil es keine andere Wahl hatte, nichts Neues anzeigte?

Smartphone, Selfiestick
Selfie oder lonely?

Die Verwandlung

War es vielleicht das erste Mal so und Sie sind aufgewacht, ohne zu wissen, warum? Wie Gregor Samsa in Kafkas «Verwandlung», als einsamer Käfer? Etwas, von dem man nie glaubte, es zu werden. Man reibt sich die Augen, kann nichts tun, als grübeln und sich wundern, man liegt auf dem Rücken, strampelt, aber kommt nicht mehr auf die Beine. Was ist passiert? Was hat mich über Nacht anders gemacht? Oder bin ich gar unsichtbar?

Die Zukunft

Wenn Sie möchten, machen Sie entlang dieser Zeilen einen Spaziergang mit mir. Suchen Sie – draussen in der Welt oder in Ihrer Fantasie – Ihren Lieblingsort aus, und während wir wandern, reden wir über dieses Gefühl. Wir erörtern, was Einsamkeit ist, und ich biete Ihnen Wege aus der Einsamkeit an. Ich hoffe, ich kann Ihnen auf diesem Weg Mut machen, aus eigener Kraft wieder zu einem positiven Lebensgefühl zu finden. Nicht immer und nicht sofort, aber Schritt für Schritt.

Bin ich einsam?

Wie machen Sie den Unterschied, wo ziehen Sie die Grenze zwischen dem Alleinsein und der Einsamkeit? Ich stelle mir vor, man fühlt sich einsam, wenn man unfreiwillig allein ist oder sich unverstanden fühlt. Nicht nur die physische Abwesenheit anderer zählt, auch die fehlende Vereinigung im Geiste. Hilfreich für die Standortbestimmung zur eigenen Einsamkeit sind Fragen an das soziale Umfeld. Bin ich gut eingebettet? Führe ich nährende soziale Beziehungen? Empfinde ich die bestehenden Beziehungen eher als zehrend? Worauf basieren meine sozialen Kontakte?

Negativspirale soziale Netzwerke

Die sogenannten sozialen Netzwerke leisten ihren Beitrag, diese Selbstreflexion zu verwässern. Follower und Kontakte suggerieren eine Vernetzung mit vielen, mit der Welt, aber in Wirklichkeit bin ich nach wie vor einsam. Ein Gefühl von Dabeisein entsteht nur über die App. Und hier setzt ein Teufelskreis ein – fühle ich mich einsam, greife ich zur App, die ablenkt, soziale Kontakte suggeriert und mich in eine Passivität lockt, die den Zustand, vor dem ich flüchte, verstärkt.

Teenager im Bett mit Smartphone.
Verschiebung des Freundschaftserlebnisses in die virtuelle Welt.

Einsamkeitsgefühl stark verbreitet

Ob Sie neu einsam sind oder schon lange – Sie sind mit dieser Erfahrung nicht allein. Schon 2017 zeigten die Zahlen des Bundes, dass sich jede und jeder Dritte in der Schweiz einsam fühlt. «Einsamkeitsgefühl» heisst dieser Wert in der Statistik. Seither hat das Einsamkeitsgefühl noch zugenommen: «Zwischen 2017 und 2022 ist der Anteil der Personen, die über ein Gefühl der Einsamkeit berichten, in allen Bevölkerungsgruppen signifikant gestiegen. Dieser Zeitraum war von der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen sozialen Einschränkungen geprägt. «Der Anstieg ist besonders bei der zweiten Generation zu beobachten», so das Bundesamt für Statistik1.


Sicher, allein sind wir immer mal. In Momenten sehnen wir uns sogar danach, und wenn die Erfüllung nach Freizeit und Freiraum eintritt, geniessen wir das Alleinsein. Zeit für sich haben, die Verpflichtungen auf Stand-by stellen. Das tut gut. Aber Gedanken an die Einsamkeit sind ungemütlich, belastend, fast unheimlich. Kritisch wird es, wie bei vielen akuten Missempfindungen auch, wenn die belastenden Erlebnisse chronisch werden und sich psychosomatische Störungen und gesundheitsmindernde Verhaltensweisen etablieren2.

Zu den psychosomatischen Störungen zählen Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen und körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Verspannungen und Bluthochdruck. Die gesundheitsmindernden Verhaltensweisen können sein: Vernachlässigung der Gesundheit, erhöhter Konsum von Alkohol und Drogen, soziale Isolation und Stressbewältigungsmechanismen wie übermässiges Essen.

Wir wollen herausfinden, wie wir Sie nicht in diesen chronischen Zustand kommen lassen und, wenn Sie schon drin sind, wieder herausholen. Wir beginnen gemeinsam. Und dann, Schritt für Schritt, sollen Sie es selbst schaffen.

Einsamkeit als Gesundheitsrisiko

Einsamkeit ist leider ungesund, zeigt auch eine Studie der WHO3. Eine Studie aus dem Jahr 2010 von Holt-Lundstad und Smith fand, man könne das Gesundheitsrisiko etwa so vergleichen45:

  •     Einsamkeit ist genauso schädlich wie der Konsum von 15 Zigaretten am Tag
  •     Einsamkeit schadet genauso viel wie Alkoholmissbrauch
  •     Einsamkeit ist schädlicher, als keinen Sport zu treiben
  •     Einsamkeit ist doppelt so schädlich wie Fettsucht
Mensch in die Ecke gedrängt.
Sie fühlen sich in die Ecke gestellt? Es gibt Auswege.

Das Lebensrad

Zuerst begeben wir uns in die Selbstreflexion und machen eine Auslegeordnung. Das kann etwas anstrengend werden, aber auch interessant. Und so schaffen wir Klarheit und können Ziele formulieren. Ich betone «können». Sie wählen, was Ihnen wichtig ist. Ziel ist und bleibt, Ihnen ein selbstbestimmtes, zufriedenes – ich sage absichtlich nicht «glückliches» – Leben aus eigener Kraft zu ermöglichen. Aber was heisst «Leben» im Lebensrad und wie setzt es sich zusammen? Die Lebensbereiche dieses Lebensrades sind nicht wissenschaftlich definiert. Ich stelle Ihnen meine Auswahl an Lebensbereichen vor:

  • Arbeit: Wird in unserem Kulturkreis typischerweise übergewichtet. Wer kennt es nicht: Lernt man jemanden kennen, wird man gefragt, was man so macht. Klar, ein guter Diskussionsöffner. Arbeit muss aber nicht mehr sein, als ein Weg, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
  • Wissen: Öffnet viele Türen, im Äusseren, wie im Inneren. Das Kompetenzerleben stärkt, die Vermittlung von Wissen befriedigt und trägt einen sozialen Akt in sich. Wissen weitergeben, sichert Überleben, verbindet Generationen, Kulturkreise, Menschen.
  • Vitalität: Ich fühle mich gesund und funktionsfähig, kann selbstständig leben, regenerieren, ich ernähre mich bewusst, bin zufrieden und kann für mich sorgen.
  • Soziale Beziehungen: Welche habe ich aktuell? Wie aktiv sind diese? Nein, wir reden hier nicht von Kontakten in sozialen Netzwerken. Wie nähren Sie diese Beziehungen? Wem können Sie sich anvertrauen?
  • Gesellschaft: Wo gehöre ich dazu? Wo leiste ich einen Beitrag zur Gemeinschaft? Kultur, Gemeinde, Nachbarschaft, Heimat? Dieser Punkt wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Sinnhaftigkeit erleben, etwas für andere tun als «schön» erleben.
  • Spiritualität: Wie steht es um nicht materielle, fassbare Werte und Erlebnisse? Fühlen Sie sich mit sich selbst und dem Kollektiv verbunden?
  • Ich: Zeit mit mir, Erfüllung aus mir selbst heraus, sinnhafte Freizeitgestaltung, sich selbst Gutes tun.

Wir haben ein Lebensrad für Sie vorbereitet, das Sie ausdrucken und ausfüllen können.

Lebensrad


Nun genug des Risikos, auf zu den Chancen.

Einsamkeit als Quelle der Stärke

Wichtig ist, Einsamkeit nicht nur negativ zu lesen, sich nicht nur der zu erwartenden Reaktion darauf hinzugeben. Einsamkeit kann auch der feste Boden unter den Füssen werden, von dem man sich nach einer Phase des Sinkens wieder Richtung Wasseroberfläche abstossen kann. Und ausserhalb des Lärms der Gesellschaft und innerhalb seines Selbst lassen sich unbekannte Quellen entdecken und in der Ruhe erst seine eigene Stimme hören. Künstler zum Beispiel kennen die Einsamkeit sehr gut. Das weisse Blatt, die weisse Leinwand, Erkenntnisse an sich – Neuland braucht oft diesen Raum, der jetzt da ist. Versuchen Sie, der Möglichkeiten in der Einsamkeit eine Tür zu öffnen. Durch das Aushalten ihrer selbst finden Sie Stärke. Es muss nicht immer gelingen, aber man sollte es versuchen. Zum eigenen Wohl. Eine dieser Türen kann auch auf den spirituellen Weg führen.

Meine Erfahrung aus 25 Jahren Psychotherapie und Coaching

Einsamkeit ist aus meiner Erfahrung als Psychotherapeut ein grosses Thema im Gespräch mit Klienten. Oft finde ich die Ursache in fehlender Selbstliebe. Die Aufgabe lautet hier, sich selbst entdecken und akzeptieren zu lernen. Wer das schafft, ist weniger einsam. Heisst: Einsamkeit hat auch mit der Haltung sich selbst gegenüber zu tun. Wenn ich zufrieden bin mit mir, fühle ich mich auch weniger oder nicht einsam. Diese Zufriedenheit zu erreichen, ist zuerst das Ziel.

Paar Hände halten.
Aus der Einsamkeit in die Bewegung kommen hilft, neue Menschen kennenzulernen. Schritt für Schritt.

Aktiv werden im Umkreis

Fragen Sie sich manchmal, ob Bekannte, Nachbarn und Familienmitglieder einsam sind? Wenn Sie vermuten, dass jemand einsam ist, wie reagieren Sie? Rufen Sie an oder blenden Sie den Gedanken aus? Vielleicht sind Sie einer jener Nachbarn, die gerne kontaktiert werden würden. Konkret einem Freund oder Familienmitglied einen Ausflug anbieten, warum nicht?

Fazit

Wenn Einsamkeit für Sie belastend ist, führt die Heilung über das Handeln. Raus, unter Menschen, Gelegenheiten schaffen, mutig sein, seine Bedürfnisse kennen und äussern lernen. So entstehen Chancen. Das ist nicht einfach, es muss aber auch nicht mit einem Ruck alles geändert werden. Nehmen Sie es gemütlich, Schritt für Schritt. Wichtig ist aber, dass Sie das Thema aus sich heraus angehen. Das schafft über die Zeit die nötige Sicherheit.

Sie haben Fragen? Schreiben Sie uns, wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme. Oder werfen Sie einen Blick in unser Angebot. Unser Team an erfahrenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten geht gerne mit Ihnen ins Gespräch.


  1. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/migration-integration/integrationindikatoren/gesundheit/einsamkeitsgefuhl.html ↩︎
  2. https://www.researchgate.net/publication/6836772_Heinrich_LM_Gullone_E_The_clinical_significance_of_loneliness_a_literature_review_Clin_Psychol_Rev_26_695-718 ↩︎
  3. https://www.who.int/news/item/30-06-2025-social-connection-linked-to-improved-heath-and-reduced-risk-of-early-death ↩︎
  4. https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/psyche-und-gesundheit-einsamkeit-schadet-genauso-wie-rauchen-a-708728.html ↩︎
  5. https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1000316 ↩︎
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